Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/httpd/vhosts/lalecheleague.ch/elternzeitschrift.org/libraries/cms/application/cms.php on line 464 Editorial 2015/01 Die weibliche Brust

Frauen haben Brüste, um ihr grosses Hinterteil auszubalancieren. Was auf den ersten Blick wie ein schlechter Witz klingt, ist ein erstgemeinter anthropologischer Erklärungsansatz für die Existenz dieses so auffälligen menschlichen Organs. Abgesehen davon, dass Frauen auch nach beidseitiger Mastektomie nicht umkippen: Wer schon einmal ein Kind gestillt hat weiss, dass diese Theorie zu kurz greift. Und auch ausserhalb der Stillzeit ist die Brust ein sich ständig veränderndes, faszinierendes Organ.

Wir haben uns die Anatomie dieses Wunderwerks einmal genauer angeschaut. Wir sprechen mit Dr. Ingrid Zittera vom Brustgesundheitszentrum Lienz über Brustgesundheit und Stillen als über Generationen weitergegebenes Kulturgut, bieten aktuelle Informationen zu den häufigsten Problemen in der Stillzeit und haben uns, weil unser Körper auch ein Spiegel der Umwelt ist, in der wir leben, mit dem Einfluss von Umweltfaktoren beschäftigt. Besonders bedanken möchten wir uns aber bei unseren Leserinnen: Sie haben uns beeindruckende Berichte über ihre Erfahrungen rund um die Brust, seien sie persönlicher als auch beruflicher Natur geschickt. Gemeinsam ist all diesen Texten das Fazit: Die weibliche Brust ist ein sehr persönliches Thema.

Wir wünsche viel Spass beim Lesen und Entdecken!

Ein Kaiserschnitt kann Leben retten, sowohl das der Mutter als auch das des Kindes. Doch ein Kaiserschnitt birgt auch Risiken – sowohl für die Mutter als auch für das Kind. Neuere Untersuchungen zeigen, dass diese Risiken nicht nur auf die Zeit während und unmittelbar nach der Operation beschränkt sind.

Über 30 Prozent aller Kinder in Deutschland, Österreich und der Schweiz kommen durch einen Kaiserschnitt zur Welt – Tendenz steigend. Die einst nur als Notfalllösung angedachte Geburtsform wird zunehmend zum «Normalfall». In manchen Gegenden der westlichen Welt werden bereits mehr als die Hälfte aller Kinder auf diese Weise geboren. Gleichzeitig steigt auch die Anzahl Erkrankungen wie Asthma, Allergien, entzündlichen Darmerkrankungen und Diabetes Typ 1 in diesen Ländern an. Diese Parallele legt den Schluss nahe, dass es einen Zusammenhang zwischen der Art der Geburt und einer höheren Wahrscheinlichkeit für diese Immunerkrankungen gibt.

Dänische Wissenschaftler sind daher der Frage nachgegangen, ob eine Kaiserschnittgeburt möglicherweise ein Um-weltrisikofaktor für immunologische Erkrankungen sein kann. Astrid Sevelsted und ihre Kollegen analysierten die Daten von fast zwei Millionen Kindern, die in der Zeit zwischen 1977 und 2012 am Termin geboren wurden bis zum Alter von 15 Jahren. Im Laufe des Beobachtungszeitraums gab es in Dänemark – ebenso wie in den anderen Industrienationen – einen deutlichen Anstieg der Zahl der Kaiserschnittgeburten. Der Anteil der Kinder, die durch eine Schnittentbindung das Licht der Welt erblickten, stieg von weniger als fünf Prozent auf mehr als 20 Prozent. Beim Vergleich der Häufigkeit des Auftretens von verschiedenen Erkrankungen bereits in jungen Jahren zwischen Kindern, die vaginal geboren wurden, und Kindern, die durch Kaiserschnitt geboren wurden, wurden festgestellt, dass die Kaiserschnittkinder ein erhöhtes Risiko für die folgenden Erkrankungen hatten:

Asthma (16 - 23 %)
Entzündliche Darmerkrankungen 
(20 %)
Immundefekte (46 %)
Juvenile Arthritis (10 %)
Leukämie (17 %)
Systemische Bindegewebserkrankungen (11 %)

Nicht erhöht war das Risiko für Diabetes Typ 1, Psoriasis und Zöliakie.

Da es sich bei dieser Studie um die bislang grösste und langfristigste Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Kaiserschnittgeburt und dem Auftreten von immunologischen Erkrankungen handelt, kommt den Ergebnissen ein grosses Gewicht zu – deutlich mehr als weiteren Studien, die anhand deutlich geringerer Probandenzahlen zu ähnlichen Ergebnissen kamen. Dennoch belegt auch diese Studie zunächst nur eine Korrelation und noch keinen ursächlichen Zusammenhang. Sie zeigt, dass Kinder, die per Kaiserschnitt geboren werden, häufiger an einer der oben aufgeführten Krankheiten erkranken, nicht jedoch, dass eine Kaiserschnittgeburt zwangsläufig dazu führen muss.

Allerdings zeigen andere Studien – sowohl im Tierversuch als auch beim Menschen – deutliche Unterschiede in der Darmflora je nach Geburtsmodus. Weitere Studien weisen darauf hin, dass das Mikrobiom (die Gesamtheit aller den Menschen besiedelnde Mikroorganismen, insbesondere Darm-, Haut- und Schleimhautflora) einen Einfluss auf das Immunsystem und immunbedingte Erkrankungen hat. Somit ist ein tatsächlicher kausaler Zusammenhang nicht völlig aus der Luft gegriffen. Der Kaiserschnitt als potentieller Umweltrisikofaktor für immunologische Erkrankungen ist durchaus im Bereich des Möglichen.

Denise Both

Zusatzinfo:
A Sevelsted et al: Cesarean Section and Chronic Immune Disorders. Pediatrics Vol. 135 No. 1 January 1, 2015 pp. e92 -e98 (doi: 10.1542/peds.2014-0596)