Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/httpd/vhosts/lalecheleague.ch/elternzeitschrift.org/libraries/cms/application/cms.php on line 464 2012/05 Machtfaktor Essen
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Gesund, ausgewogen, reich an Vitaminen und Nährstoffen: Wie sehr wünschen sich Eltern, dass das, was ihre Kinder zu sich nehmen, diesen Vorgaben entspräche. Doch wer soll über das Was und das Wieviel entscheiden?

Zwischen dem sechsten und neunten Monat erwacht bei einem Kind in der Regel das Interesse an Beikost. Sein Gewicht beträgt dann etwa acht Kilo, seine Körpergrösse etwa 70 Zentimeter. Interessante Werte, denn obschon Eltern diese Masse genau kennen, wird die Grösse des Magens oft massiv überschätzt.

Nur drei Löffelchen?
Was wir gerne «Appetitlosigkeit» nennen, ist laut Carlos Gonzáles, Facharzt für Kinderheilkunde, «ein Problem des Gleichgewichts zwischen dem, was ein Kind isst, und dem, was die Familie meint, das es essen soll». Die Erwartungen, die Eltern an das Essverhalten ihrer Kinder stellen, sind oft schlicht zu hoch.
 
Eltern haben oft zu hohe Erwartungen
Der Magen eines neun Monate alten Babys hat die Grösse eines Hühnereis. Drei Löffel können tatsächlich reichen, vor allem dann, wenn der Brei eine Ergänzung zum Stillen darstellt. In den Augen von Mama und Papa ist das oft zu wenig. Mithilfe von Kreativität und Ablenkung soll wenigstens noch ein Löffelchen Brei erfolgreich in Mund und Magen landen. Aus Sicht des Kindes beginnt jedoch genau hier die Überfütterung und es reagiert mit Abwehr.
 
Die drei Abwehrmechanismen eines Kindes
Jede Mutter kennt dieses Szenario: Kaum kommt der Löffel in die Nähe des Mundes, dreht das Kind den Kopf weg. Meist endet dieser Versuch damit, dass der Brei überall zu finden ist, nur nicht dort, wo er hin soll. Bleibt die Mutter beharrlich, wird das Kind resigniert den Mund öffnen. Zwar landet das Essen nun tatsächlich dort, tropft aber dann aus den Mundwinkeln oder wird wieder ausgespuckt. Drängen die Eltern dennoch weiter, wird der Happen geschluckt. Der Magen ist jedoch schon voll, und das Kind bleibt übersättigt oder erbricht.
 
Muttermilch – ist gut, bleibt gut
Neben der Magenfüllung bestimmt vor allem der Nährwert der zugeführten Nahrungsmittel das Sättigungsgefühl. Muttermilch hat eine sehr hohe Energiedichte, Obst und Gemüsebrei, selbst mit Fleischzugabe, enthält bei gleicher Menge im Durchschnitt nur knapp die Hälfte an Kalorien.
 
Weiterstillen macht Sinn
Es ist also durchaus sinnvoll, während der Beikosteinführung weiterzustillen – auch unter dem Aspekt der Allergieprävention. Heute weiss man, dass nicht Vermeiden, sondern Kontakt mit möglichst vielen neuen Lebensmitteln unter dem Schutz des Stillens Allergien vorbeugt. Und: Im zweiten Lebensjahr decken 500 ml Muttermilch nicht nur bis zu ein Drittel des täglichen Energiebedarfs, sondern auch 94 Prozent des Vitamin B12-Bedarfs, 80 Prozent des Vitamin A-, 76 Prozent des Folat-, 60 Prozent des Vitamin Csowie 40 Prozent des Calcium-Bedarfs eines Kleinkinds.
 
Der Teller ist noch fast voll!
Um den ersten Geburtstag herum ändert sich das kindliche Essverhalten oft merklich. Selbst bisher gute Esser sind plötzlich nach zwei oder drei Bissen satt. Ursache dafür ist eine Stagnation des bis dahin starken Wachstums. Grösse und Gewicht werden in keinem anderen Lebensjahr mehr so zulegen wie in den ersten zwölf Monaten. Entsprechend reduziert sich der Energiebedarf, der für das körperliche Wachstum aufgebracht werden muss. Gonzáles rät, dem Kind weniger Essen auf den Teller zu legen, als wir erwarten, dass es isst. Das Resultat ist ein tatsächlich leer gegessener Teller und womöglich wird sogar um Nachschub gebeten. Doch aufgepasst! Nudeln und Fleisch enthalten wesentlich weniger Flüssigkeit als Brei, Obst und Gemüse und füllen somit den Magen bereits nach ein paar Happen. Und auch der Zeitfaktor ist nicht zu unterschätzen: Selbstständig essen heisst langsamer essen. Und langsam essen heisst, das Kind ist schneller satt.
 
Isst ein Kind wirklich «nichts»?
Bleiben dennoch Zweifel, lohnt es sich, einmal zusammenzuzählen, was ein Kind während 24 Stunden zu sich nimmt. Wird das Kind noch gestillt, sind diese Mahlzeiten als vollwertig anzusehen. Am Morgen bekommt es etwas Brei, Joghurt, Müsli, am Mittag isst es einige Happen bei Tisch, ebenso am Abend. Und zwischendrin gibt es hier eine halbe Banane, dort ein bisschen Brot, ein Keks und natürlich ein leckeres Stück Schokolade. Auch jede Flüssigkeit (ausser Wasser) führt Energie zu. Tatsächlich funktioniert der uns angeborene Mechanismus der Nahrungszufuhr verblüffend gut, wenn man ihn respektiert. Haben Kinder Hunger, essen sie, sind sie satt, wenden sie sich ab. Wir Erwachsene essen gern und oft über das Satt-Gefühl hinaus – die Waage erinnert uns zuweilen daran. Das ist nicht selten auch ein Überbleibsel aus unserer Kinderzeit, als unser Sättigungsgefühl nicht respektiert wurde.
 
Stillen nach Bedarf = Essen nach Bedarf?
Säuglinge nach Bedarf zu stillen trägt zu ihrer gesunden Entwicklung bei. Neben Vertrauen und Bindung ist es schlicht physiologisch notwendig, denn ein Säugling hat die paar Milliliter Muttermilch, welche sein kleiner Magen fasst, schon nach zwei bis drei Stunden verdaut. Bei Kleinkindern ist es nicht anders. 
 
Freie Wahl in ungezwungener Atmosphäre
Zwar steht dem plötzlich der elterliche Wunsch nach gemeinsamen Mahlzeiten gegenüber, doch sobald sich bei Kleinkindern der Hunger meldet, sind ihnen feste Essenszeiten vollkommen egal. Kompromissbereitschaft und Kreativität sind gefragt. Einem zweijährigen Kind zu erklären, es müsse noch eine Stunde warten, ist reine Zeitverschwendung. Doch in wenigen Monaten wird das Jüngste seinen Rhythmus dem der Familie anpassen können und gemeinsame Mahlzeiten können problemlos eingeführt werden. Bis dahin heisst es: Das Kind soll essen können, wenn es danach verlangt.
 
Selber essen macht Spass
Doch nicht nur das Was und das Wann sondern auch das Wie legen den Grundstein für ein gesundes oder gestörtes Verhältnis zum Essen. Erwacht das Interesse an Beikost, so bereiten Eltern mit grossem Vergnügen den ersten Brei zu. Nicht immer ist das nötig, denn das Baby verlangt ohnehin nach dem, was es gerade vor sich sieht, nämlich dem Essen des Gegenübers. Eine zerdrückte Banane oder geschnittene Spaghetti sind die Objekte ihrer Begierde. Und was lecker ist, will mit allen Sinnen erkundet werden: Selber essen ist angesagt! Wenn die Eltern gewillt sind, über ein wenig Chaos hinwegzusehen und ihrem Kind den nötigen Freiraum geben, so wird es mit Freude und Neugier an neue Nahrungsmittel herangehen. Oft verleitet (vermeintlicher) Zeitdruck dazu, das Kind zu füttern. Die Eltern können so zwar ihren Terminplan einhalten, doch kann es sein, dass das Kind dann passiv bleibt und sich auch noch viel später weigert, selbst zu essen.
 
Das Kind als Experte
Suchen Eltern im Internet nach Information zur Beikosteinführung, stossen sie leider zu häufig auf Ratschläge wie «Erst Brei und dann Milch.» oder «Ersetzen Sie die Stillmahlzeit durch Brei.» Dabei sagt schon der Name «Beikost», dass es sich um Beigabe zum Stillen handelt. Lassen Eltern die Stillmahlzeiten weg oder geben sie nur im Anschluss, müsste es eher «Anstattkost» heissen und führt zu einer frühzeitigen und völlig unnötigen Entwöhnung von der Brust. Der auferlegte Druck durch Eltern, die vielleicht nur den Empfehlungen einer Fachperson folgen, führt zu Widerwillen und Resignation. Wird dagegen Brei ergänzend zu Muttermilch angeboten, bleibt es dem Kind überlassen, ob es probiert oder nicht. Stillkinder, welche beim Essen ihre freie Wahl in ungezungener Atmosphäre treffen dürfen und parallel zur Beikost gestillt werden, gehen unvorbelastet und mit Neugier an neue Nahrungsmittel heran. Sie werden Neues – vorrangig Fingerfood – begeistert probieren und Essen als ungezwungene und leckere Ergänzung kennenlernen.
 
Marianne Meyer