Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/httpd/vhosts/lalecheleague.ch/elternzeitschrift.org/libraries/cms/application/cms.php on line 464 2014/03 Wird Stillen überbewertet?
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Ende Februar wurde eine Studie veröffentlicht, die behauptet, dass die positiven Auswirkungen des Stillens deutlich überbewertet würden. Doch die Untersuchung hat methodische Schwächen.

Cynthia Colen und David Ramey vom Institut für Soziologie der Ohio State University wollten feststellen, ob Stillen auch dann noch einen Unterschied machte, wenn sie sozioökonomische Faktoren ausschlossen. Ihre These lautet, dass nicht das Stillen beziehungsweise die Muttermilchfütterung zu unterschiedlichen Ergebnissen führt, sondern die Verhältnisse, in denen Kinder aufwachsen. (1) 

Dazu untersuchten sie Daten von nach 1978 geborenen Kindern im Alter zwischen vier und vierzehn Jahren. Sie selbst oder ihre Eltern wurden in der Zeit zwischen 1986 und 2010 befragt. Die insgesamt 8237 Kinder wurden in zwei Untergruppen unterteilt: Geschwister, die als Säuglinge gleich ernährt wurden und Geschwister, die als Säuglinge unterschiedlich ernährt wurden. Die Überlegung zu dieser Einteilung war, dass bei Geschwistern aus der gleichen Familie die gleichen sozioökonomischen Bedingungen gegeben sind, so dass sich Rückschlüsse auf die Auswirkungen des Stillens oder Nicht-Stillens von diesen Faktoren unbeeinflusst erkennen lassen.

Bei der Analyse der Gesamtstichprobe zeigte sich, dass die gestillten Kinder in allen untersuchten Aspekten bis auf einen besser abschnitten. Die Analyse der Daten aus der Gruppe der unterschiedlich ernährten Geschwister ergab ebenfalls, dass die gestillten Kinder bessere Ergebnisse zeigten. Allerdings waren diese Unterschiede nicht statistisch signifikant, so dass sie auch zufällig entstanden sein könnten.

Daraus zogen Colen und Ramey den Schluss, dass «der Zusammenhang zwischen Stillen und langfristigem Outcome in der Kindheit nicht so widerspruchsfrei und direkt sein mag, wie gedacht» und «die Risiken, die mit dem Nicht-Stillen assoziiert werden drastisch übertrieben sind».

Es stellt sich nun die Frage: Zeigt die Studie wirklich, dass es nicht wichtig ist, ob ein Kind gestillt wird oder nicht? Bei der Studie handelt es sich um eine Kohortenstudie. Kohortenstudien können Zusammenhänge aufzeigen, liefern aber keine Beweise für ursächliche Zusammenhänge. Folglich lässt sich aus dieser Studie nicht ableiten, dass das Stillen oder Nicht-Stillen tatsächlich die Ursache für die beobachteten Unterschiede ist.

Der einzige Weg eine Ursache tatsächlich zu beweisen, ist eine randomisierte, kontrollierte Studie. Doch dieses Studiendesign verbietet sich alleine schon aus ethischen Gründen bei Studien zum Thema Stillen. Auch kann die Annahme, dass zwei Kinder der gleichen Eltern, die in der gleichen Familie gross werden, wirklich unter gleichen Bedingungen aufwachsen, nicht unbedingt als gesichert gelten.

Einige der Daten wurden durch (retrospektive) Befragung der Eltern und der Kinder erhoben. Auf diese Weise gewonnene Daten sind kritisch zu betrachten. Dazu trägt nicht nur der Recall-Bias (Erinnerungsverfälschung) bei, sondern auch die Tatsache, dass die Einschätzung der Eltern und Kinder nicht unbedingt objektiv ist.
Ein Kind, das nur ein einziges Mal gestillt wurde, wird in der Studie gleich bewertet wie ein Kind, das sechs Monate lang ausschliesslich gestillt wurde. Auch fehlen konkrete Zeitangaben zur Stilldauer und den Zeitpunkt der Beikosteinführung. Das führt zu einer durchaus eingeschränkten Aussagekraft der Studie.
Gänzlich unberücksichtigt bleibt, wie sich das Stillen vor dem vierten Geburtstag auswirkt. Es gibt eine Vielzahl von Studien, die belegen, dass gestillte Kinder seltener krank sind und eine geringere Sterblichkeitsrate haben als nicht gestillte Kinder. Ausserdem bleiben die Auswirkungen des Stillens auf die Gesundheit der Mutter vollkommen unerwähnt. Colen und Ramey betonen stattdessen, dass das Stillen für die Mutter ein Opfer bedeute.

Es ist nicht zielführend, den Wert des Stillens dadurch zu schmälern, dass die Auswirkungen im Baby und Kleinkindalter unbeachtet bleiben und das Stillen für die Mutter als ein Opfer ohne Nutzen betrachtet wird. Kurz und knapp: Breast bleibt best.

(1) Colen, C.G., Ramey, D.M.: Is Breast Truly Best? Estimating the Effects of Breastfeeding on Longterm Child Health and Wellbeing in the United States Using Sibling Comparisons, Social Science & Medicine (2014), doi: 10.1016/j.socscimed.2014.01.027.