Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /home/httpd/vhosts/lalecheleague.ch/elternzeitschrift.org/libraries/cms/application/cms.php on line 464 2014/05 Jodmangel durch Fertiggerichte und Schadstoffe

Für viele Menschen ist ein Kropfband lediglich ein Teil alpenländischer Trachten. Nur selten denkt man daran, dass es ursprünglich dazu diente, den durch Jodmangel entstandenen Kropf oder die Narbe nach einer Kropfoperation zu verdecken.

Riesige Kröpfe sah man früher vor allem bei Frauen in weiten Teilen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Heute sind sie eher selten. Doch durch Jodmangel vergrösserte Schilddrüsen sind auch heute keine Seltenheit.

Jod ist für das reibungslose Funktionieren des menschlichen Körpers, vor allem der Schilddrüse, unentbehrlich. Da unser Körper nicht in der Lage ist, Jod selbst herzustellen, muss er es mit der Nahrung aufnehmen. Zu wenig Jod in Trinkwasser und Nahrung stellt die Hauptursache für Jodmangel beim Menschen dar. Fehlt dem Körper Jod, kommt es zunächst zum Kropf, medizinisch Struma genannt, einer Vergrösserung der Schilddrüse. Wenn durch anhaltenden Jodmangel nicht mehr genügend Jod zur Bildung von Schilddrüsenhormonen vorhanden ist, folgt dem Kropf eine Schilddrüsenunterfunktion. Die Schilddrüsenhormone spielen eine überaus wichtige Rolle für den Stoffwechsel: Eine Schilddrüsenunterfunktion kann zu schwerwiegenden Stoffwechsel- und Entwicklungsstörungen führen.

Während Schwangerschaft und Stillzeit ist der Jodbedarf deutlich erhöht. Für eine gute Entwicklung des ungeborenen Kindes ist eine ausreichende Jodversorgung unerlässlich. Glücklicherweise ist die schlimmste Auswirkung des Jodmangels und des daraus resultierenden Mangels an Schilddrüsenhormonen für Neugeborene – Kretinismus, eine schwere geistige Behinderung – heutzutage praktisch verschwunden. Doch auch ein weniger gravierender Mangel kann negative Auswirkungen auf die kindliche Gesundheit und Entwicklung haben.
Seit jodiertes Speisesalz flächendeckend eingeführt wurde, ist die Zahl der von einem Jodmangel-Struma Betroffenen deutlich zurückgegangen (in der Schweiz bereits seit 1922, in Deutschland erst in den 1980er Jahren auf freiwilliger Basis). Doch um eine wirklich ausreichende Jodversorgung, insbesondere schwangerer und stillender Frauen zu erzielen, reicht diese Massnahme offensichtlich nicht aus, zumal zwei Faktoren sich inzwischen nachteilig auf die Jodversorgung über die Nahrungsaufnahme auswirken:

1. Der zunehmende Konsum von Fertiggerichten. Vor allem grosse Hersteller, die ihre Produkte weltweit vertreiben, verzichten oftmals auf die Verwendung von jodiertem Speisesalz. Dadurch vermeiden sie Probleme, die aus den unterschiedlichen Regelungen einzelner Länder in Hinblick auf Jodierung von Speisesalz resultieren.

2. Die Belastung mit Umweltschadstoffen wie Nitraten, Thiozyanaten und Perchlorat. Die Transportmechanismen, die Jod in die Schilddrüse schleusen, werden von diesen Substanzen «getäuscht», so dass sie statt Jod Schadstoffe in die Schilddrüse pumpen. So kommt es, dass trotz ausreichender Jodzufuhr nicht genügend Jod zur Bildung von Schilddrüsenhormonen in der Schilddrüse ankommt. Nitrate stammen oftmals aus dem Trinkwasser, insbesondere in ländlichen Gegenden. Hauptbelastungsquelle für Thiozyanate ist Zigarettenrauch (sowohl beim aktiven wie beim passiven Rauchen). Perchlorate, die früher zur Behandlung von Schilddrüsenüberfunktion eingesetzt wurden, stammen aus oxidativen Vorgängen und können sowohl natürlicherweise als auch als Folge industrieller Verwendung in der Umwelt vorkommen.
Um eine ausreichende Jodversorgung für sich und ihre Kinder zu gewährleisten, sollten schwangere und stillende Mütter daher zum einen sicherstellen, dass sie genügend Jod aufnehmen.

Dazu empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine zusätzliche Aufnahme von 250 Mikrogramm Jod pro Tag nach ärztlicher Absprache. Zum anderen sollte man darauf achten, die erwähnten Schadstoffe so weit wie möglich zu meiden.

Denise Both

Zusatzinfo

Positionspapier der American Academy of Pediatrics:
Council on Environmental Health: Iodine Deficiency, Pollutant Chemicals, and the Thyroid: New Information on an Old Problem. In: Pediatrics 2014. doi:10.1542/peds.2014-0900.
http://pediatrics.aappublications.org/content/early/2014/05/20/peds.2014-0900.full.pdf+html
WHO/UNICEF: Joint Statement on Optimal Iodine Nutrition. In: Field Exchange 32 January 2008, S. 18.
http://www.who.int/nutrition/publications/micronutrients/WHOStatement__IDD_pregnancy.pdf?ua=1